Über ein Jahr lang habe ich mich mit einem Handy abgeplagt, dessen Akku inzwischen eher schwach auf der Brust war. Genaugenommen waren es zwei: erst mein Altes, das schon ein paar Jahre auf dem Buckel hatte und dann noch ein paar Monate das alte Handy meines Mannes. Das hatte immerhin eine bessere Kamera. Vor einem Jahr habe ich dann einen Schlussstrich gezogen und ein anderes Gerät angeschafft. Neuer, besser und frisch aus einer Kur. Es wurde nämlich generalüberholt, auch refurbished genannt, und verbringt jetzt sein zweites Leben bei mir. Aber warum wird es dadurch deutlich nachhaltiger als ein Neukauf und wie wird ein Smartphone refurbished? Ich hab ein paar Antworten für euch.
Gibt es grüne Smartphones überhaupt?
Es gibt eine beliebte Aussage, die Social Media-Accounts, die über ein nachhaltigeres Leben informieren, gerne an den Kopf geworfen wird. „Sehr witzig! Mit einem Smartphone in der Hand über Nachhaltigkeit predigen…“ Mal abgesehen davon, dass es weitaus größere Energie- und Ressourcenfresser als ein Smartphone gibt, steckt in der Aussage zumindest ein Fünkchen Wahrheit. Denn egal welches Smartphone – alle müssen erst einmal produziert werden. Dazu benötigt es Rohstoffe, die teilweise aufwändig und oft nicht besonders sozial aus dem Boden geholt werden und Energie für die Produktion und den Transport. Um nicht zu sehr auszuschweifen: Bei Galileo könnt ihr nachlesen, welche problematischen Stoffe in unseren Geräten stecken.
So ziemlich alles, was wir im Alltag nutzen, verursacht bei der Produktion Emissionen. Bei Elektrogeräten fällt, auf die gesamte Lebensdauer gerechnet, der größte Anteil bei der Produktion an. Apple kam bei einer Hochrechnung für ihr Modell iPhone X auf rund 80% bei einer Nutzungsdauer von 3 Jahren. Nutzt ihr also euer Smartphone so lange wie möglich – egal ob Neukauf oder Second Hand – sorgt ihr dafür, dass diese Emissionen der Produktion für eine möglichst lange Nutzungsdauer aufgewendet wurden. Dadurch wird es dann aufs Jahr heruntergerechnet nachhaltiger.
Second Hand geht über viele Wege
Ein Neugerät möglichst lange zu nutzen ist also ein Weg den eigenen ökologischen Fußabdruck zu verringern. Auch wenn sich die Nutzungsdauer von Smartphones in den letzten Jahren verlängert hat, tauschen wir in Europa sie im Schnitt immer noch nach rund 3 Jahren aus. Davon sind viele noch nutzbar. Nutzt ihr statt einem Neukauf eines davon weiter, spart ihr zusätzliche Ressourcen ein. So kommt ihr dran:
- Fragt im Familien- und Freundeskreis nach wer ein gut erhaltenes Gerät abzugeben hat.
- Schaut, ob es einen Second Hand-Laden mit Elektroabteilung in eurer Nähe gibt.
- Kauft ein gebrauchtes Handy über die Kleinanzeigen von einer Privatperson.
- Kauft ein gebrauchtes Gerät von einem Händler über ebay oder ähnliche Plattformen (teilweise sind diese sogar funktionsgeprüft).
- Kauft ein Smartphone refurbished, also generalüberholt.
Warum der Zwischenschritt über einen Händler?
Bei einem Handy, das ihr euren Geschwistern oder einer Freundin abkauft, kriegt ihr sicherlich eine recht ehrliche Auskunft darüber, wie der Zustand ist. Kauft ihr etwas Second Hand von privat, müsst ihr euch darauf verlassen, dass die Angaben zum Produkt so stimmen. Bei anderen Dingen, wie beispielsweise einem T-Shirt, könnt ihr einen Mangel meist anhand der Fotos oder, wenn ihr den Gegenstand persönlich abholt, nach einem kurzen Test direkt sehen. Das reicht aber leider nicht aus, um so etwas wie die Akkuleistung eines Smartphones beurteilen. Ihr kauft also ein bisschen die Katze im Sack. Was nicht heißen soll, dass ihr damit auf jeden Fall eine schlechte Entscheidung trefft. Ich habe das auch schon gemacht und alles war bestens.
Durch einen Zwischenhändler habt ihr etwas mehr Sicherheit, das alles in Ordnung ist. Oft kriegt ihr, egal ob generalüberholt und „nur“ funktionsgeprüft, eine Garantie von einem Jahr (manchmal auch länger) gewährt. Über einen Blick in die Bewertungen könnt ihr abschätzen, wie seriös der Händler ist. Und bei einem Online-Kauf habt ihr zusätzlich das gesetzliche Rückgaberecht direkt nach dem Kauf. Möglicherweise, aber nicht zwingend, ist dadurch der Preis etwas höher. Dafür solltet ihr aber im Problemfall weniger Ärger haben.
Was heißt Refurbished und warum ist das nachhaltig?
Wird ein Smartphone oder anderes technisches Gerät refurbished, also generalüberholt, wird es auf Herz und Nieren geprüft und ggf. repariert. Ziel ist es, so weit wie möglich, den Neu-Zustand wiederherzustellen. In der Praxis gibt es dabei oft unterschiedliche „Gütestufen“, was das Aussehen angeht. Von „wie neu“ bis „kleinste Gebrauchsspuren sichtbar“. Technisch funktionieren die Geräte üblicherweise wie neu. In den meisten Fällen wurde der Akku erneuert. Wichtig zu wissen: meist gibt es keine Garantie auf die Akkuleistung. Manche Händler bieten eine Zusatzgarantie an, für den Fall, dass es zu einem ungewöhnlichen Leistungsabfall kommen sollte.
Selbst wenn defekte Komponenten ausgetauscht und damit neue Ressourcen eingesetzt werden, bleibt ein Großteil der Materialien ohne großen Mehraufwand im Umlauf. Die Emissionen, die dabei durch die Ersatzteile und den zusätzlichen Versand entstehen, sind deutlich geringer als die, die durch die Produktion eines neuen Geräts entstehen würden.
Nicht jede Alternative ist gleich gut
Alles oben beschriebene hat den Fokus auf Second Hand-Geräte. Trotzdem möchte ich kurz die auf dem Markt erhältlichen nachhaltige(ren) Smartphones einordnen. Ja, die gibt es und damit könnt ihr im Vergleich zu anderen Herstellern ein umweltschonenderes Neugerät erwerben. Doch auch für sie müssen neue Ressourcen, wie Metalle oder Kunststoffe, verarbeitet werden. Die aktuell erhältlichen Modelle haben außerdem für mein Nutzungsverhalten gewisse Schwachstellen. Daher fiel keines der Modelle – sei es neu oder gebraucht – in meine engere Auswahl. Das soll keineswegs heißen, dass sie schlecht sind. Aber, wie bei so vielen, muss das Produkt auch zum Nutzer passen. Bei euch passt es vielleicht.
Je nachdem, welches Modell ihr gerne hättet, finden sich online möglicherweise recht viele Anzeigen von Privatleuten, die ein neues, nie benutztes Handy anbieten. Meist heißt es, dass es dieses zur Vertragsverlängerung gab. Manchmal scheint jemand aber auch eine Rabattaktion ausgenutzt zu haben, um das Gerät danach gewinnbringend zu verkaufen. Beides möchte ich persönlich nicht unterstützen. Darum käme ein Kauf so für mich nicht in Frage. Rein nüchtern betrachtet sind aber auch da schon die meisten Emissionen entstanden und jegliche Nutzung wäre nachhaltiger als ein weiteres neues Gerät in Umlauf zu bringen.
Meine Erfahrung
Mein aktuelles Smartphone ist also refurbished. Für das Modell, das ich wollte, war es die beste Lösung, denn es gab lokal kein entsprechendes Angebot. Da ich länger ein Handy mit einem schwachen Akku in Nutzung hatte, war es mir dieses Mal wichtig ein Gerät zu haben, das möglichst nah am Neu-Zustand ist. In meinem Fall zeigte sich, dass ein generalüberholtes Gerät nicht zwingend günstiger als ein Neugerät sein muss. Das war es zu dem Zeitpunkt nur, weil der Refurbished-Händler eine Rabattaktion hatte. Ein Preisvergleich mehrerer Händler ist also empfehlenswert. Ein Hinweis darf auch nicht unerwähnt bleiben: Trotz Generalüberholung wird das Gerät vermutlich nicht mehr so lange nutzbar sein wie ein Neukauf. Eventuell muss ich es also früher wieder austauschen.
Ein generalüberholtes Gerät kann also günstiger sein, schont in jedem Fall die Umwelt, spart Ressourcen und hat keine Nachteile in der Nutzung. Daher werde ich künftig auch bei anderen Elektrogeräten nach dieser Möglichkeit schauen. Habt ihr schon einmal ein Smartphone oder ein anderes Gerät refurbished gekauft?
Hallo!
Ich habe nun schon das zweite gebrauchte Smartphone in Nutzung. Das erste zog ein, weil eine Freundin ein neues kaufen wollte und ihr ein Jahr “altes” abgab. Wenn 2020 nicht die Software langsam aber sicher aufgegeben hätte (keine Updates mehr für diverse Apps und das Dienstprogramm), wäre damals kein “neues” eingezogen. Das Handy an sich funktioniert heute noch (inzwischen ist es 12 Jahre alt und nur noch als “Speicher” im Dienst 😉 ).
Da ich diese riesigen neuen Klötze nicht mag (da kann ich ja gleich ein Tablet oder den Laptop mitnehmen :p ), blieb nur die Suche nach einem gebrauchten. Und das lebt nun auch schon fast 4 Jahre bei mir, hat einen Akkuwechsel hinter sich und ist ansonsten absolut super.
Gut, die Kamera könnte besser sein, aber dafür habe ich ja die Spiegelreflex. Und für Schnappschüsse reicht es dicke 😉
Falls meins irgendwann (hoffentlich noch nicht so bald!) keine Software-Unterstützung mehr bekommt, werde ich definitiv wieder ein gebrauchtes (refurbed) suchen.
Auch im Freundes- und Kollegenkreis ist refurbed sehr beliebt. Reingefallen ist bisher keiner.
Ich selber bin auch eher der Typ “reparieren statt neu kaufen”. Klar, manches geht nicht, aber ich versuche es soweit wie möglich. Und Upcycling finde ich ebenfalls super, ebenso wie alte Möbel aufbereiten. Wir sollten das Alte definitiv mehr wertschätzen.
Liebe Grüße und weiterhin viel Spaß,
Anna
Hallo Anna,
ich kann dir da nur zustimmen! Erstmal drüber nachzudenken, ob da noch was zu retten ist, ist meiner Meinung nach ein erster wichtiger Schritt. Klar, kann man nicht alles immer reparieren. Aber es zumindest zu prüfen, ist ein ganz anderes Mindset als gleich nach einem neuen Teil zu schauen.
Voll schön, dass du nicht nur selbst so gute Erfahrungen mit gebrauchten Geräten hast, sondern auch dein Umfeld. Hoffentlich ist das irgendwann für einen Großteil der Gesellschaft normal!